Ansprüche sichern
Unfall-/ Lebensversicherung
Im Überblick
Zunächst solltest Du herausfinden – falls nicht bekannt -, ob der Verstorbenen eine oder mehrere Unfall-, Lebens- oder Sterbegeldversicherungen abgeschlossen hatte und wer die Bezugsberechtigten sind. (1.)
Bei einem Unfall leistet möglicherweise auch die Versicherung eines Dritten. (3.)
Gibt es entsprechende Versicherungen, solltest Du der Versicherung den Tod des Erblassers unverzüglich anzeigen und Deinen Anspruch geltend machen (2.).
Ist ein Dritter vom Erblasser als Bezugsberechtigter benannt, kannst Du als Erbe unter bestimmten Bedingungen die Begünstigung widerrufen. (4.)
1. Wie finde ich heraus, ob der Erblasser eine Versicherung abgeschlossen hat?
Es gibt verschiedene Recherche-Möglichkeiten, um herauszufinden, ob der Erblasser eine Unfall-, Lebens- oder Sterbegeldversicherung abgeschlossen hat:
- Prüfung der Unterlagen des Erblassers
- Durchsicht der Kontoauszüge des Verstorbenen nach Zahlungen an eine Versicherung
- Durchsicht der vergangenen Steuererklärungen unter Sonderausgaben nach Versicherungen
- Ggf. Nachfrage beim Versicherungsvermittler des Verstorbenen
- Recherche direkt bei den Versicherungen – über die Unternehmensdatenbank des Bundesaufsichtsamts für Finanzdienstleistungen kannst Du Dir einen Überblick über die existierenden (Unfall-, Lebens-, Sterbegeld-)Versicherungen verschaffen (www.bafin.de, Link zur Datenbank).
2. Den Tod des Erblassers solltest Du der Versicherung unverzüglich anzeigen und Deinen Anspruch geltend machen
Du solltest der Versicherung unverzüglich den Tod des Erblassers anzeigen und Deinen Anspruch bei der Versicherung geltend machen. Den Anspruch kannst Du geltend machen, wenn Du vom Erblasser als Bezugsberechtigter benannt bist oder als Erbe, wenn die Versicherungsleistung in den Nachlass fällt. Die Versicherungsleistung fällt dann in den Nachlass, wenn kein Bezugsberechtigter vom Erblasser benannt wurde.
Mehr zu den Themen findest Du in den nächsten Reitern unter ‚Tod unverzüglich anzeigen‘ und ‚Anspruch geltend machen‘.
Es wird empfohlen, den Versicherungsschein sicher aufzubewahren, da dieser auch ein Legitimationspapier ist. Die Versicherung kann die Auszahlung der Versicherungssumme an den Inhaber des Versicherungsscheins ohne weitere Prüfung der Bezugsberechtigung befreiend vornehmen.
3. Möglicherweise besteht für den Verstorbenen Versicherungsschutz durch die Versicherung eines Dritten
Der Verstorbener kann auch über Dritte versichert sein, bspw. über den Arbeitgeber, den Reiseveranstalter, das Pflegeheim, die gegnerische Versicherung (z.B. bei Unfalltod durch Fremdverschulden) etc.
4. Die Begünstigung eines Dritten in der Versicherung kannst Du als Erbe u.U. widerrufen.
Ist ein Dritter durch den Erblasser als Bezugsberechtigter der Versicherung benannt, können die Erben unter Umständen die Begünstigung widerrufen. Mehr zu dem Thema findest Du in den nächsten Reitern unter ‚Begünstigung unverzüglich widerrufen‘.
Tod des Versicherungsnehmers unverzüglich anzeigen
Der Tod des Versicherungsnehmers sollte der Versicherung unverzüglich schriftlich angezeigt werden.
Was bedeutet unverzüglich?
In den Versicherungsbedingungen ist in der Regel eine Anzeigepflicht innerhalb von 24 Stunden bis 72 Stunden oder unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes Zögern, vorgesehen. Bei einem Unfall beträgt die Anzeigefrist in der Regel 48 Stunden, um ggf. die Veranlassung einer Obduktion zu ermöglichen.
Was passiert, wenn die Anzeige des Todes nicht rechtzeitig erfolgt?
Bei der Verletzung der Anzeigepflicht kann die Versicherung von ihrer Leistungspflicht frei werden oder die Leistung kürzen, wenn dies vertraglich vereinbart wurde und die Anzeige vorsätzlich oder grob fahrlässig unterlassen wurde. Allerdings muss die Versicherung in der Regel nachweisen, inwieweit sich die verspätete Anzeige auf ihre Feststellungsmöglichkeiten und die damit verbundene Leistungspflicht auswirkt. Diese Fälle sind allerdings selten.
Unproblematisch ist, wenn Unterlagen über die abgeschlossene Versicherung erst Monate später entdeckt werden und der Anspruchsberechtigte dann aber sofort die Versicherung informiert, da die Anzeigepflicht weder vorsätzlich noch grob fahrlässig versäumt wurde.
Anspruch geltend machen
Nur der Bezugsberechtigte kann den Anspruch auf Auszahlung der Versicherungssumme bei der Versicherung geltend machen.
Wer ist berechtigt den Anspruch geltend zu machen?
- Anspruchsberechtigt ist derjenige, der im Versicherungsschein als Bezugsberechtigter eingetragen wurde.
- Ist ein Dritter durch den Erblasser als Bezugsberechtigter der Versicherung benannt, können die Erben die Begünstigung unter Umständen widerrufen. Mehr zu dem Thema findest Du in dem nächsten Reiter unter ‚Begünstigung unverzüglich widerrufen‘.
- Ist kein Bezugsberechtigter benannt, fällt die Versicherungssumme in die Erbmasse und die Erben sind anspruchsberechtigt.
Wie ist der Prozess und was ist zu beachten?
Der Tod des Versicherungsnehmers sollte der Versicherung unverzüglich schriftlich angezeigt werden.
2.1 Wie stelle ich den Antrag?
Nach der Anzeige des Todes meldet sich die Versicherung mit weiteren Informationen und wird die erforderlichen Unterlagen anfragen.
Die Auszahlung der Versicherungssumme muss dann vom Anspruchsberechtigten untere Beifügung der erforderlichen Unterlagen schriftlich beantragt werden.
2.2 Welche Unterlagen werden von der Versicherung i.d.R. benötigt?
- Beglaubigte Kopie der Sterbeurkunde sowie der Geburtsurkunde
- Versicherungsschein im Original
- Nachweis der letzten Beitragszahlung auf Verlangen (selten)
- Ärztliches oder amtliches Zeugnis über die Todesursache; bei Versterben infolge von Krankheit: ärztliches Attest, in welchem der Beginn und des Verlauf der Krankheit dargestellt wird
- Nachweis über die Stellung als Bezugsberechtigter
- Hat der Erblasser einen Bezugsberechtigten bestimmt: Identitätsnachweis des Bezugsberechtigten
- Hat der Erblasser keinen Bezugsberechtigten bestimmt fällt die Versicherungssumme in den Nachlass. Der Erbe weist die Erbenstellung durch beglaubigte Abschrift des Erbscheins nach.
Die Versicherung untersucht in der Regel sehr genau die Todesumstände und den Gesundheitszustand des Erblassers vor dem Tod. Möglicherweise werden weitere Unterlagen angefordert, bspw. zum Gesundheitszustand vor dem Tod oder zu polizeilichen Ermittlungen. Unter Umständen wird eine Obduktion durchgeführt.
Im Einzelfall verlangt die Versicherung weitere Dokumente, z.B. medizinische Unterlagen, wenn Zweifel bestehen, dass bei Abschluss des Vertrages korrekte Angaben zum Gesundheitszustand gemacht wurden.
Bei positiver Prüfung wird die Versicherungssumme an denjenigen ausbezahlt, der im Versicherungsschein als Bezugsberechtigter eingetragen ist. Ist kein Bezugsberechtigter genannt, fällt die Versicherungssumme in die Erbmasse.
Die Versicherung kann aber auch Einwendungen gegen die Auszahlung geltend machen. Gründe können sein:
- Fehlende Fälligkeit (z.B. Ermittlungen zur Todesursache der versicherten Person dauern an)
- Selbsttötung der versicherten Person (kann Auswirkungen auf den Umfang der Leistungspflicht haben)
- Abtretung/ Verpfändung/ Pfändung: Die Bezugsberechtigung entfällt, wenn der Versicherungsnehmer seinen Anspruch aus der Lebensversicherung abgetreten oder verpfändet hat. (z.B. Abtretung der Lebensversicherung zur Kreditsicherung an Darlehensgeber)
- Die Versicherungssumme der Sterbegeldversicherung geht evt. direkt an ein Bestattungsunternehmen, wenn dies in einem Vertrag zur Bestattungsvorsorge vereinbart wurde.
- Bei Verjährung des Anspruchs.
Begünstigung eines Dritten widerrufen
Hat der Erblasser mit der Versicherung vereinbart, dass im Falle seines Todes eine bestimmte Person eine Versicherungsleistung erhalten soll (Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall), fällt die Versicherungsleistung nicht in den Nachlass. Die Versicherungsleistung steht dem Begünstigten (auch Bezugsberechtigter genannt) zu.
Unter den im Folgenden genannten Bedingungen kann der Erbe die Begünstigung widerrufen. Ist der Widerruf erfolgreich fällt der Leistungsanspruch gegen die Versicherung in den Nachlass.
Wie finde ich heraus, ob der Erblasser Verträge zugunsten Dritter mit der Versicherung abgeschlossen hat?
- Mehr über die verschiedenen Recherche-Möglichkeiten findest Du unter ‚Unfall-/ Lebensversicherungen/ Im Überblick‘:
- Als Erbe hast Du einen Anspruch auf Auskunft gegenüber der Versicherung.
- Bspw. kannst Du anfragen:
- ob und zu welchen Konditionen Verträge zugunsten Dritter im Todesfall vereinbart wurden,
- wer Bezugsberechtigter ist, und
- ob die Versicherungsleistung bereits ausgezahlt wurde.
I. Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall
Im Folgenden werden die Rechtsbeziehungen bei einem Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall dargelegt:
1. Deckungsverhältnis zwischen Versicherungsnehmer und Versicherung
- Das Deckungsverhältnis regelt die Beziehung zwischen Versicherungsnehmer und Versicherung.
- Der Versicherungsnehmer kann mit der Versicherung vereinbaren, dass die Versicherung im Falle seines Todes eine Leistung an einen von ihm benannten Bezugsberechtigten zu erbringen hat.
- Der Versicherungsnehmer kann die Bezugsberechtigung bis zum Eintritt des Versicherungsfalles widerrufen, es sei denn, er hat auf sein Widerrufsrecht verzichtet. Hat der Versicherungsnehmer, dem Dritten ein unwiderruflichen Bezugsrechts bei der Lebensversicherung eingeräumt, erwirbt der Dritte das Recht auf die Leistung sofort.
- Mit dem Tod des Erblassers entfällt das Widerrufsrecht, die Erben können die Bezugsberechtigung nicht widerrufen.
- Mit der Bestimmung des Bezugsberechtigten wird die Versicherung konkludent beauftragt dem Begünstigten im Falle des Todes des Versicherungsnehmers dessen Schenkungsangebot mitzuteilen.
- Der Bezugsberechtigte erwirbt mit dem Eintritt des Todesfalls einen eigenen Auszahlungsanspruch gegen die Versicherung.
2. Valutaverhältnis zwischen Versicherungsnehmer und Bezugsberechtigtem
- Das Valutaverhältnis regelt die Beziehung zwischen dem Versicherungsnehmer und dem Bezugsberechtigten.
- Der Bezugsberechtigte darf nur dann die Versicherungsleistung dauerhaft behalten, wenn zwischen Versicherungsnehmer und dem Bezugsberechtigten ein wirksames Rechtsverhältnis besteht.
- Rechtsgrund für die Zuwendung durch den Erblasser an den Begünstigten ist in der Regel eine Schenkung.
- Der Schenkungsvertrag bedarf der notariellen Beurkundung. Ist eine notarielle Beurkundung nicht erfolgt, kommt der Vertrag erst mit der Bewirkung der
- versprochenen Leistung zustande. (Schenkungsvollzug). Bei Verträgen zugunsten Dritter erfolgt ein Vollzug bereits dadurch, dass der Dritte den Schenkungsanspruch, hier den Auszahlungsanspruch gegen die Versicherung, erwirbt.
- Bei der Bestimmung der Bezugsberechtigung handelt es sich also zunächst um ein Schenkungsangebot. Der Versicherungsnehmer beauftragt die Versicherung konkludent das Schenkungsangebot dem Begünstigten im Falle seines Todes mitzuteilen.
- Die Annahme des Schenkungsangebots durch den Begünstigten erfolgt konkludent mit dem Erwerb des Auszahlungsanspruchs und einer erkennbaren Äußerung des Annahmewillens, z.B. der Anforderung der Versicherungsleistung. Einer Erfüllung bedarf es nicht.
- Neben der Schenkung kommen aber auch andere Rechtsgründe in Betracht, wie bspw. eine Pflichtschenkung, Vergütung von Diensten, Leistung von Unterhalt, Altersabsicherung oder unbenannte/ ehebezogene Zuwendungen.
- Es kann auch passieren, dass der Rechtsgrund zu einem späteren Zeitpunkt wegfällt, z.B. bei Änderung der tatsächlichen Verhältnisse, und dadurch ein Rückforderungsanspruch der Erben entsteht.
II. Widerrufsmöglichkeiten der Erben bei einem Schenkungsangebot
Im Folgenden werden die Rechtsbeziehungen bei einem Widerruf eines Schenkungsvertragsangebots dargelegt:
Die Erben können unter den nachfolgend genannten Bedingungen widerrufen
- gegenüber der Versicherung: den Auftrag zur Übermittlung des Schenkungsangebots (Deckungsverhältnis) (1.)
- gegenüber dem Begünstigten/ Bezugsberechtigten: das Schenkungsangebot des Erblassers (Valutaverhältnis) (2.)
1. Widerruf des Auftrags zur Übermittlung des Schenkungsangebots gegenüber der Versicherung
- Die Erben als Rechtsnachfolger können den Auftrag zur Übermittlung des Schenkungsangebots gegenüber der Versicherung widerrufen, es sei denn, der Versicherungsnehmer hat dem Bezugsberechtigten ein unwiderrufliches Bezugsrecht eingeräumt.
- Allerdings wird die Versicherung – sobald sie von dem Todesfall erfährt – in der Regel den Begünstigten unverzüglich benachrichtigen und die Schenkung wird mit der Annahme des Schenkungsangebots durch den Begünstigten wirksam.
- Im Endeffekt handelt es sich um einen Wettlauf zwischen den Erben (bzgl. des Widerrufs) und der Versicherung (bzgl. der Unterrichtung des Begünstigten).
- In der Praxis sind die Erben meist zu spät. Darüber hinaus lehnt die Versicherung in der Regel ab, von der Benachrichtigung des Bezugsberechtigten abzusehen oder weigert sich den Namen des Bezugsberechtigten zu nennen.
2. Widerruf des Schenkungsangebots gegenüber dem Bezugsberechtigten
Die Erben können das Schenkungsangebot des Erblassers an den Begünstigten widerrufen, solange dieser von seiner Begünstigung noch nichts weiß, da es an der Annahme des Schenkungsangebots fehlt. Die Erben können das erworbene Recht aus dem Vertrag zurückfordern.
Mit dem Erwerb des Leistungsanspruchs durch den Begünstigten wird die Schenkung wirksam. Ein Widerruf durch die Erben ist nicht mehr möglich.
Es kann aber auch ein anderer Rechtsgrund dem Verhältnis zwischen Versicherungsnehmer und Bezugsberechtigtem zugrunde liegen, wie bspw. eine Pflichtschenkung, Vergütung von Diensten, Leistung von Unterhalt, Altersabsicherung oder unbenannte/ ehebezogene Zuwendungen. Die Beurteilung, ob ein wirksamer Rechtsgrund vorliegt, kann im Einzelfall schwierig sein.
III. Anspruch der Erben auf Rückforderung gegen den Bezugsberechtigten
Gibt es keinen rechtlichen Grund für die Begünstigung oder ist der Rechtsgrund unwirksam fällt der Anspruch in den Nachlass und die Erben können folgenden Rückforderungsanspruch gegen den Bezugsberechtigten geltend machen:
- Abtretung des Auszahlungsanspruchs gegen die Versicherung, oder
- Herausgabe der Versicherungsleistung, wenn die Versicherungssumme bereits ausgezahlt wurde